HIRNEREI
Vielfalt ist kein Problem, das gelöst werden muss,
sondern eine Realität die gestaltet werden will.
Michel Serres
Irgendwie bin ich anders als die Anderen.
Fühle mich falsch.
Bin so so viel |zu|.
Zu laut, zu leise, zu chaotisch, zu sprunghaft, zu undiszipliniert, zu faul, zu empfindlich, zu zu zu...
Das zumindest sagte mein Umfeld.
Und ich.
Ich glaubte es.
Versuchte Jahr für Jahr anders zu werden.
So wie die.
Schaute mir Verhaltensweisen ab.
Imitierte die Gesichter der Anderen.
Versuchte, mich gesellschaftlich anzupassen.
Es kostet mich Kraft.
Sehr viel davon.
Nichts reichte, um das zu werden, wie die Anderen| die Gesellschaft mich gerne gehabt hätte.
So zumindest fühlte ich es.
Ich zweifelte so oft an mir.
Und reflektiere mir Löcher ins Hirn.
Nur um endlich zu verstehen, was den so falsch an mir ist und warum ich nicht das schaffe, was alle andere schafften.
Ein stinknormales Leben führen.
Als Mutter eines Sohnes mit Down-Syndrom und Autismus bekam ich schlussendlich meine Antwort.
Diagnose ADHS.
Und ziemlich sicher bin ich auch auf dem Autismusspektrum.
Zum ersten Mal kam ich mit dem Wort
Neurodiversität in Kontakt.
Seitdem habe ich gefühlt kaum etwas anderes getan als mich in dieses Thema eingelesen und weitergebildet.
Vor allem über ADHS und Autismus.
Auf einmal machte mein ganzes Leben einen Sinn.
Alles.
So viele Aha- Momente.
So viel Verständnis.
Für mich.
Und die Anderen.
Biodiversität ist für uns alle ein Begriff.
Was sie für die Natur bedeutet, bedeutet Neurodiveristät für uns Menschen.
Überlebenswichtig.
Und doch wissen wir so unfassbar wenig darüber Bescheid.
Ich bin der absolut tiefen Überzeugung dessen, dass würden wir mehr über die neurologischen Prozesse unseres Gehirns Bescheid wissen, verstehen, dass jede*r die Welt mit eigenen Augen betrachtet, würden wir begreifen, dass jedes Gehirn ein eigenen Betriebssystem hat.
Eines das niemals so funktionieren kann, wie das Andere.
Aus diesem Wissen resultiert Verständnis.
Verständnis für uns selbst.
Und für uns untereinander.
Dann kann wieder echte Verbindung geschehen und wir können Missverständnissen aus dem Weg gehen.
Und ganz nebenbei.
Ein |stinknormales| Leben führen, wollte ich noch nie.
Dafür ist es mir zu kostbar.
Ich will leben.
Erfahren.
Fühlen.
Scheitern.
Feiern.
Genießen.
Und alles erleben, was es zu erleben gibt.
Und all das geht so viel intensiver, wenn man dabei versteht, wie das eigene Gehirn funktioniert und warum manche Eigenheiten eben sind wie sie sind.
Heute liebe ich sie.
Alles daran.
Und genau das wünsche ich mir für dich.
Für uns.
Dass irgendwann aus Verständnis, Verständnis kommt.

